Vorgeschichte
Um die folgenden Zeilen und ihre Bedeutung richtig einzuschätzen, muss man etwa 1,5 Jahre zurückblicken. Sommertrainingslager vor der Saison 2023/24 in Güstrow. Maxi und Karl (damals noch in TTVMV-Funktionen) grübelten über Saisonziele für sämtliche Sportler im Landeskader und kamen irgendwann zu Lilly. Schnell war man sich einig, dass für Lilly eigentlich nur hohe Ziele in Frage kommen und diese eher auf zwei Jahre, ihre beiden Jugend 15 Jahre, angelegt sein müssten. Aufgrund der guten überregionalen Ergebnisse stand fest, einmal die Qualifikation für die Deutschen Meisterschaften zu schaffen, das wäre was.
Zeitsprung… Norddeutsche Meisterschaften 2024 in Bremen. Lilly spielt ein überragendes Turnier, verliert in der Gruppe lediglich knapp gegen die spätere Norddeutsche Meisterin Emily Pfeiffer aus Schleswig-Holstein. Das Achtelfinale übersteht Lilly ohne Probleme. Noch ein Sieg und Lilly würde das Ziel sogar ein Jahr vor dem Plan erreichen. Doch im Viertelfinale ist gegen Ela Neupauerová aus Hamburg Schluss. Ein Sieg fehlt zum Erreichen des größten nationalen Turniers, doch Lilly blieb ja noch ein Jahr. Ein Jahr zeit für viel Training, viel Schweiß und jeder Menge Motivation.
Greifswalder Überraschung und Turnierbeginn
Ein Jahr später standen nun am vergangenen Wochenende erneut die Norddeutschen Meisterschaften auf dem Programm. Die Hürde Landesmeisterschaft hatte Lilly genommen, als wäre es keine wirklich Hürde sondern eher ein vorgezeichneter Weg. Während der letzten Vorbereitungswoche gabs weitere tolle Neuigkeiten aus TTC-Sicht: Nico durfte für den erkrankten Kurt Weber nachrücken. Gute Besserung an Kurt, aber aus TTC-Sicht natürlich eine tolle Geschichte und für Nico ein Highlight in seiner Karriere.
So reisten wir am Freitagabend mit gar nicht so kleiner Delegation aus Lilly, Nico, ihren Eltern und Coach Karl nach Norderstedt. Nico erwischte sicher nicht gerade die leichteste Gruppe, aus der immerhin im laufe des Turniers mit Daniel Schmidt und Luca-Pascal Wagner gleich zwei Medaillengewinner hervorgingen. Dennoch genoss unser Eigengewächs jeden Moment im Turnier und zwang so manch einen Gegner immerhin dazu wirklich gute Bälle zu spielen. Auch wenn es mit dem Satzgewinn nicht ganz klappte (Satzbälle gegen Jeffrey Wei aus Hamburg), tat Nico genau das was man als Trainer von seinem Spieler in so einer Situation erwartet: Jeden Moment aufsaugen und möglichst viel von den besten Norddeutschlands lernen.


Wie beschrieben ging Lilly und auch wir als Trainer mit ganz anderen Erwartungen an das Turnier. Lilly war an Position 3 im Turnier gesetzt und die Auslosung schien in Ordnung.
Auftaktmatch gegen Chiara Schulze (TTVB)
Lillys erstes Einzel sollte eine „alte“ bekannte bringen. Gegen Chiara hatte Lilly schon des Öfteren gespielt. Allein drei mal in den letzten Jahren auf verschiedenen überregionalen Turnieren und immer konnte Lilly gewinnen. Doch, dass auch alle anderen Spieler sich weiterentwickeln dürfte kein Geheimnis sein und so ging der erste Satz gleich mal verloren. Doch Lilly zeigte, wie übrigens noch mehrmals im Turnierverlauf, dass sie auch mit Rückschlägen umgehen kann. Karl fand die richtigen Worte und Lilly gewann den nächsten Satz deutlich und führte auch im dritten Satz schnell und hatte bei 10:6 Satzbälle. Doch auf diesem Niveau ist Nachlassen keine Option und so spielte chiara sich zurück in den Satz und holte mit 13:11 sogar die 2:1-Führung. Mist, schon wieder hinten. Also wieder von vorne, in der Satzpause auf die eigenen Stärken konzentrieren, weiche Spins und viel Schnitt im Aufschlag. Es half… Satz 4 ging an Lilly und auch der Start in den fünften glückte, 3:0 Führung und Auszeit vom Brandenburgischen Trainer Gohlke. Lilly behielt die Nerven und gewann den Satz sicher mit 11:5. Erleichterung, der Start war geglückt und gegen eine stark aufspielende Brandenburgerin der erste Gruppensieg eingefahren.
Kampf um den Gruppensieg
Im zweiten Spiel zeigte Lilly schnell ihre ganze Klasse und ließ mit ihrem spinreichen Spiel die junge Hamburgerin Lina Dahlke keine Chance. 11:7, 11:5 und 11:2 hieß es nach knapp 9 Minuten Spielzeit. Damit stand fest, dass Lilly die K.O.-Phase erreichte, ob als erste oder Zweite sollte sich im letzten Spiel gegen die bis dahin ebenfalls niederlagenfreie Emily Voß aus Schleswig-Holstein entscheiden.
Auch im Vorfeld war klar, dass dies Lillys schwerstes Spiel werden würde. Lilly gewann den ersten, verlor den zweiten Satz. Es entwickelte sich ein Spiel auf Augenhöhe mit teils schönen Ballwechseln. Immer wieder gelang es Emily Lillys Spin mit gezielten harten Schüssen den Wind aus den Segeln zu nehmen. Im dritten Satz 11:7 für die Verbandsoberligaspielerin aus Trittau, also schon wieder 2:1 hinten. kann das nochmal gut gehen? Den vierten gewann Lilly und so musste erneut der Entscheidungssatz her. Dieses mal ein nicht ganz so guter Start – 3:1 für Emily. Karls plante schon: „Noch ein Punkt, dann gehts nicht mehr ohne Auszeit, aber eigentlich ist Lilly gut im Spiel.“ Doch Lilly machte unglaubliche 9 Punkte in Folge zum 10:3, brachte die Schleswig-Holsteinerin zum verzweifeln und nutzte schließlich ihren 3. Matchball zum 11:5. Mega, Vorrunde als gruppenerste überstanden und damit direkt im Viertelfinale am Sonntag.
Anschließend schauten wir uns noch das Spiel Lillys möglicher Gegner an, es wurde Mascha Przygoda aus Brandenburg und dann war der erste Turniertag geschafft. Abends was gegessen und dann zeitig ins Bett, vielleicht ist ja am Sonntag der große Sprung drin.
Zittern am Nachbartisch
Aufwärmen, Einspielen, ein bisschen Doppel schauen (die eigenen Bemühungen waren weder bei Lilly noch bei Nico von größeren Erfolgen geprägt) und dann gings los:
10:45 Uhr, Tisch 3 Viertelfinale der Norddeutschen Meisterschaften Lilly Parlow gegen Mascha Przygoda aus Brandenburg), alles war angerichtet. Die gesamte TTVMV-Delegation auf der Tribüne versammelt und allen merkte man ein bisschen die Anspannung an. Karls Anspannung wurde ungleich größer als Mascha Lillys ersten beiden Aufschläge mal gekonnt einschoss. „Wenn die das weiter so macht, wird das verdammt schwer“, ging es Karl durch den Kopf. Alle waren angespannt, naja nicht alle, Lilly wirkte extrem cool und ließ sich auch vom missglückten 0:4 Start nicht aus der Ruhe bringen. Lilly kam besser ins Spiel, glich zum 6:6 aus und holte auch diesen Satz noch mit 11:7. Ganz wichtig und das Momentum gab Lilly nicht mehr ab. 11:6 und 11:7 endeten die Sätze zwei und drei. Der Halbfinaleinzug und damit die erste Norddeutsche Einzelmedaille seit 7 Jahren (damals übrigens Johanna Salzmann – auch Greifswalderin) war perfekt. Wahnsinn, Lilly strahlte übers ganze Gesicht.
Karl informierte sich derweil beim NTTV-Jugendwart, wie eigentlich die Regularien der Qualifikation zu den Deutschen ist, das hatten wir zu lange in MV nicht erlebt, um uns damit auszukennen. 3 Plätze für die besten U15 Mädchen und ein Platz für das beste U13 Mädchen. Wenn also ein U13 Mädchen ins Halbfinale kommt, dann reicht es, ansonsten braucht Lilly noch einen Sieg. Die Hoffnungen lagen auf Jiao Yang Li (allen bekannt als Jenny) aus SH im Spiel gegen die favorisierte Nina Segebrecht aus Brandenburg. Jenny ist noch U13, sodass ein Sieg der Schleswig-Holsteinerin für Lilly das Ticket zu den Deutschen bedeutet hätte. Spannendes Spiel, hin und her und dann doch irgendwann die Erleichterung: Sieg für Jenny und damit das Ticket für die Deutschen Meisterschaften für Lilly. Hammer, wir fahren nach Erfurt, die Finals rufen!!!
schnelle Kiste im Halbfinale
Kurze Zeit später stand das Halbfinale an. Lilly gegen die topgesetzte Stine Lass aus Schleswig-Holstein. Die Geschichte des Spiels ist schnell erzählt. Entweder lag es an der etwas verlorenen gegangenen Spannung mit dem Erreichen des Ziels oder einfach an dem unfassbar starken Spiel von Stine an diesem tag. Lilly fand überhaupt nicht in ihr Spiel, Stine dominierte mit ihrer Rückhand Noppe und tollen Topspin-Schlägen auf der Vorhand nach belieben das Duell und siegte am Ende völlig verdient mit 3:0. Wenig später holte sich Stine auch verdienterweise den Titel der Norddeutschen Meisterin. gegen die kann man dann eben auch mal verlieren.
Unendliches Grinsen
Doch das verlorenen Halbfinale war nur ganz kurz ein ganz kleiner Wehmutstropfen, schon kurz darauf begann wieder das grinsen in den Gesichtern aller Beteiligten. Egal ob Papa Andre, Mama Evi, Vereinschef Andy, Coach Karl oder Lilly selbst, allen war die Freude über den tollen Erfolg und das erreichte Ziel nach so langer langer Arbeit im wöchentlichen Training anzusehen…. (Und wenn ich ehrlich bin, so richtig kriege ich auch beim Schreiben dieser zeilen schon wieder das grinsen nicht aus dem Gesicht…)
So endet also die lange Reise mit dem Ziel, das wir vor so langer Zeit ausgegeben hatten und das wir immer irgendwie im Hinterkopf hatten doch noch nicht so richtig. Im Juni gehts nach Erfurt und dann schauen wir mal, was gegen die ganz großen im bundesvergleich so möglich ist!

